Kommentar - zum Bebauungsplan N 8.4.4 (Entwurf)
Fassung vom 17.09.2021
Paradies im Grünen

Die Fakten

Das Ziel des vorhabenbezogenen Bebauungsplans ist die Linderung der Wohnungsnot im Kleinen. Dazu will die Kommune Wohnbebauung für ein Privatgrundstück genehmigen. Die bisherige Nutzung war gewerblich. Dabei wurde wohl vom Privileg für eine Hausmeisterwohnung Gebrauch gemacht. Das Gebiet soll nun als Allgemeines Wohngebiet umgewidmet werden. Die geplante Nutzung richtet sich an die Interessenten eines gepflegten Wohngebiets (Gentry). Der private Bauherr will Sozialwohnungen ausschliessen.
Geplant sind 47 Wohnungen/ Gebäude mit 27 Einliegerwohnungen, also 74 Wohnungen.

Vorhabenträger ist eine Gesellschaft aus Frankfurt. Einer der Mitgesellschafter ist ein ehemaliger Planungsdezernent der Stadt Frankfurt. Planer des Vorhabens ist ein Architekturbüro aus Darmstadt. Die Stadt will als Gegenleistung für eine Zahlung auf die Durchführung ihrer Magistratsvorlage 2017/0031 verzichten. Mit der zweckgebundenen Zahlung sollen an anderer Stelle Sozialwohnungen errichtet werden. Weitere interessierte Parteien sind ein Bürgerverein des Martinsviertels und der Wirt eines Biergartens (Commons). Der Bürgerverein fürchtet, seine Grillhütte durch dem Bauvorhaben folgende Klagen aufgeben zu müssen. Der Wirt befürchtet dasselbe für seinen Biergarten. Beide verweisen auf die überregionale Bedeutung ihrer Einrichtungen.

Das Grundstück liegt innerhalb des 'Bürgerparks', eine relativ große zusammenhängende Grünfläche, die den Bürgern in den 70ern als Ausgleich für die Bebauung der Flugwiese/ Lichtwiese versprochen wurde. Die Fläche Bürgerpark ist von Elfeicher Weg und Kastanienallee eingeschnitten. Die Andienung des Grundstücks soll über die Kastanienallee erfolgen. Die Erschließung ist derzeit nicht gesichert (S. 35). Daher soll der V+E-Plan ab Kastanienallee 18 erweitert werden.
Auf der Fläche wurde Ton gefördert. Die Tongruben wurden teils mit unbekannten Stoffen verfüllt. In der Mitte des Grundstücks liegt ein See, eine ehemalige Tongrube, die sich mit Niederschlagswasser gefüllt hat und in der Pflanzen und Tiere leben. Ton ist zusammendrückbar. Es ist denkbar, daß beim Zusammendrücken des Tons Stoffe entweichen. Zu denken ist an Baumaschinen zur Herstellung einer Bohrpfahlgründung oder an die Gebäude.

Die Planung sieht vor, die Gebäude in teils geschlossener Bauweise um den See zu gruppieren. Die Geschoßzahl soll zwischen zwei und drei Geschossen liegen. Die geschlossene Bauweise wird mit Schutz vor Schallquellen, zu denen auch die Grillhütte und der Biergarten gezählt werden, begründet. Dem Schallschutz des Baugebiets soll eine Zeile aus 21 dreigeschossigen Reihenhäusern dienen. Dieser Riegel von zB 6,50 m (eigene Annahme) x 21 = 136,50 m Gesamtlänge und zB 9,50 m Gebäudehöhe (eigene Annahme) wirkt für den Wind als Barriere und kann im Sommerfall zur Überhitzung und Veralgung des Sees beitragen. Das Grundstück ist ein privates Grundstück und soll auch künftig nicht für die Öffentlichkeit zugänglich sein. An verschiedenen Stellen in der Begründung des Bebauungsplan-Entwurfs ist dagegen die Rede, daß auch die Öffentlichkeit das Grundstück betreten können soll; den See wegen der Haftung der künftigen Eigentümergemeinschaft aber nicht.
Die Gebäude sollen mit dem Wasser des Sees über Wärmepumpen geheizt und gekühlt werden. Im Winterfall soll es zu einer Abkühlung von bis zu drei Grad kommen. Der Sommerfall ist nicht beschrieben. Die Bewohner sollen den See wegen der Flora und Fauna nicht zum Baden nutzen können.
Nach der Stellplatzsatzung 662 vom 26.06.2019 sind nach Anlage 1, Spalte VII für eine Wohnung 2,5 KFZ-Stellplätze nachzuweisen. Die 185 KFZ-Stellpätze sollen in den Freianlagen zu den Grenzen des V+E-Plans nur an den Grundstücksgrenzen angeordnet werden. Neuerdings gibt es auch voluminöse Lastenräder. Ein Teil der KFZ-Stellplätze kann durch Stellplätze für Lastenräder ersetzt werden. Zu- und Abfahrt erfolgen morgens, abends und sonst auch über die Kastanienallee. Vor allem am Wochenende kann es zu Konflikten beim KFZ-Verkehr zwischen den künftigen Bewohnern und den Besuchern von Grillhütte und Biergarten kommen.

Bei der Berechnung der städtebaulichen Dichte soll § 20 (3) BauNVO angewandt werden. An der Baugrenze soll eine 'überstehende' Wärmedämmunng von bis 0,4 m Stärke geduldet werden (S. 33), wie es sonst im Bestand üblich ist.

Es wurde in der zweiten Fassung der Planung ein großer Aufwand an Gutachten getrieben. Dabei wurden Flora und Fauna untersucht. Die geplante Nutzung des Sees als Heiz- und Kühlquelle wird auch bei einer Temperaturänderung von drei Grad als unkritisch betrachtet. Es existiert ein Gutachten der INKEK zu Wärmeinseln, das von der Stadt nicht veröffentlicht wurde. Öffentlich gemacht wurde die enthaltene 'Klimafunktionskarte'. Bei den Spatzen helfen Nistkästen, einen Verbotstatbestand zu vermeiden. Die Kastanienallee ist ein Naturdenkmal.

Der Kommentar

Das Ziel der Stadt, die Wohnungsnot zu lindern, wird erreicht. Es handelt sich um eine Planung mitten im Grünen. Die künftigen Bewohner können ein hochwertiges exklusives Wohnen wie in einer Fenced Community erwarten. Bei dem Teich ist vielleicht noch einzuplanen, daß er im Winter beheizt und im Sommer gekühlt werden muß. Dafür könnte die Planung um eine Energiezentrale zu erweitern sein. Die bisherigen Nutzer Bürgerverein und Biergarten müssen damit rechnen, verdrängt zu werden (Gentrifizierung).
Aus dem Entwurf geht nicht hervor, was mit den unbekannten Stoffen der Auffüllungen geschehen soll, ob sie zu bergen sein sollen oder ob mit einer Pfahlgründung erreicht werden soll, daß sie an Ort und Stelle bleiben. Diese Frage hat entscheidenden Einfluß auf die Projektkosten.
Die Reihenhauszeile kann im Sommerfall zur Überhitzung des Sees beitragen.
Wenn KFZ-Stellplätze durch solche für Lastenräder ersetzt werden, dann wird damit der Anfall an KFZ nicht beschränkt. Auch die Ablösung notwendiger Stellplätze kann die Zahl anfallender KFZ nicht begrenzen. Die Nutzer der KFZ, die keinen Stellplatz auf dem Grundstück finden, können dann in der Kastanienallee parken, wenn die Feuerwehr keine Einwände hat.
Stellt sich die Frage nach einer Alternative. Für die Null-Option müsste die Stadt das Grundstück erwerben und den Baubauungsplan N 8.4 um das Gebiet mit der Widmung als Bürgerpark erweitern. Ein durchgeführter Bebauungsplan ist erledigt. Daher müsste die Fläche auch im FNP als Naherholungsfläche ausgewiesen werden.

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